Daten für die Wirtschaft - aber bitte datenschutzkonform!

Wer:          Dr. Thilo Weichert

Wann:       Die., 23.06.2009; 15:15 - 15:45

Wo:            Kino

 

Abstract:

Datenschutz zielt nicht pauschal auf die Geheimhaltung privater Informationen ab, sondern dient der „informationellen Selbstbestimmung“, wofür auch die Kenntnis und Bereitstellung von persönlichen Informationen nötig ist. Daher müssen die Vertraulichkeit von Informationen und die Bereitstellung von anderen Informationen kein Widerspruch sein, sondern können demselben Ziel dienen.

In der Informationsgesellschaft sind Daten nicht nur potenzielles oder reales ideelles Wissen, sondern zugleich Rohstoff für die Wirtschaft. Dies gilt auch für personenbezogene Daten. Die Kommerzialisierung von personenbezogenen Daten steht nicht zwangsläufig im Widerspruch zur individuellen Selbstbestimmung, sondern kann deren Ausdruck sein sowie Ausdruck der Sozialpflichtigkeit von Personen in einer marktwirtschaftlich ausgerichteten Informationsgesellschaft.

Geoinformationen sind oft nicht nur Informationen über Sachen, sondern zugleich Informationen über einen Eigentümer, Benutzer, Bewohner, Verkehrsteilnehmer bzw. wirtschaftlich oder privat tätigen Menschen und sind insofern im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht potenziell schutzbedürftig. Zugleich sind sie i.d.R. zugleich Ausdruck der sozialen Eingebundenheit eines Menschen und insofern für die Umwelt von Bedeutung. Das Datenschutzrecht dient dem gerechten Ausgleich zwischen Persönlichkeitsschutz und Informationsfreiheit – auch in Bezug auf personenbezogene Geodaten.

Das Datenschutzrecht enthält bisher keine ausreichenden Regeln zur Auflösung des Spannungsverhältnisses zwischen Privatheit und Öffentlichkeit von Geodaten. Die allgemeine Zugänglichkeit von Geodaten sowie die heute mit technischen Mitteln einfache Möglichkeit des Erhebens und Auswertens dieser Daten rechtfertigen – für sich alleine – noch nicht deren Bereitstellung für Dritte. Vielmehr bedarf es hierfür in jedem Fall einer (evtl. pauschalierenden) Rechtfertigung und Interessenabwägung.

Es wird gerade damit begonnen, dass die Relevanz von Geodaten für die informationelle Selbstbestimmung und die damit verbundenen Risiken und Möglichkeiten von der Öffentlichkeit und von den politischen Entscheidungsträgern diskutiert werden. Anlässe dafür gibt es genug: Satelliten- und Luftbilder und Straßenansichten gibt es schon zu Hauf im Internet und auf dem Markt. Gleiches gilt für Geodaten zur Umwelt, zum Wetter, zur Infrastruktur, zu soziodemografischen Fakten und manches mehr. Die öffentliche Debatte ist nötig, um einen gerechten und allgemein akzeptierten Ausgleich zwischen Privatheit und Öffentlichkeit zu finden.

 

Vortragender:

Dr. jur. Thilo Weichert, Magister in Politikwissenschaften und Jurist, studierte in Freiburg/Breisgau und Genf/Schweiz. 1984 bis 1986 Mitglied des Landtags Baden-Württemberg. Berufstätigkeiten als Rechtsanwalt in Freiburg, als Hochschuldozent an den Universitäten in Freiburg und Hannover sowie als Publizist v.a. in den Bereichen Innen- und Rechtspolitik sowie Datenschutz. 1990/1991 juristischer Berater beim Sächsischen Landtag sowie für die Bürgerkomitees zur Auflösung der Staatssicherheit in der ehemaligen DDR. 1990 bis 2004 Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Datenschutz (DVD). 1992 bis 1998 Referatsleiter beim Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen. Von 1998 an Stellvertreter und seit 2004 Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) und zugleich Landesbeauftragter für den Datenschutz Schleswig-Holstein. Veröffentlichung von einigen Büchern sowie von vielen weiteren Beiträgen v.a. in unterschiedlichen Bereichen des Datenschutzes.

 

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